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26-Tag, 11. May 2023

  • Autorenbild: Philippe Selot
    Philippe Selot
  • 14. Mai 2023
  • 2 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 17. Aug.

Midelt Spital

 

Ich wache langsam auf, noch etwas orientierungslos, frage mich, wo ich bin und wie ich hierhergekommen bin. Die Nacht war ruhig, schmerzfrei, eine echte Erleichterung. Kaum wach, ist Ussama schon da, sehr fürsorglich. Er hat auch eine Maschine, oder eher einen Roller, und bringt mir bald mein Frühstück.

 

Kurz darauf betritt der Direktor des Spitals von Midelt mein Zimmer, begleitet von einer kleinen Schar Ärzten, Chefpflegern und weiteren Mitarbeitenden. Wieder einmal spüre ich die Herzlichkeit und Wärme der Marokkaner. Er entschuldigt sich aufrichtig für meine Umstände, sichtlich betroffen. Dann teilt er mir mit, dass ich, anders als zuvor gesagt, so lange bleiben kann, wie ich es brauche. Er verspricht, sich persönlich um die Medikamente zu kümmern und mir Krücken zu besorgen.

 

Ich erzähle ihm vom Touring Club Schweiz (TCS), der meinen Rücktransport samt Motorrad organisiert. Er fragt, wie ich meine Stiefel und meine Motorradkleider transportieren will. Daran hatte ich noch nicht gedacht, doch sofort bringt er einen grossen Koffer, den ein früherer Patient hier gelassen hat, perfekt für meine Ausrüstung.

 

Im Nu erhalte ich meine Krücken und Medikamente: Paracetamol und Codein.

 

Mein Zimmernachbar muss bald gehen. Er leidet deutlich mehr als ich, was mich etwas ungerecht fühlen lässt. Die Chefkrankenschwester erklärt mir, dass er Familie hat, die sich um ihn kümmert, ich dagegen allein bin und vielleicht ist es so sogar besser.

 

Man holt mich für ein weiteres Röntgenbild meines Fusses ab. Das Röntgenpersonal kann sich ein Lachen nicht verkneifen, wohl weil ich der erste Ausländer bin, den sie behandeln. Diese gute Laune ist so sympathisch.

 

Der Chirurg kommt zurück, begleitet von Mustafa, wahrscheinlich einem Krankenpfleger. Er übergibt mir seinen Bericht, handgeschrieben auf einem einfachen Blatt, Computer gibt’s hier keine. Sie gehen wieder, und eine Helferin kommt, um mein Zimmer mit Bleichmittel zu reinigen, dessen stechender Geruch die Luft erfüllt.

 

Ich fotografiere den Bericht und schicke ihn an den TCS. Eine Stunde später bestätigt man mir, dass morgen früh zwischen 9 und 10 Uhr der Fahrer kommt, um mich nach Casablanca zu bringen. Dort verbringe ich die Nacht in der Nähe des Flughafens. Mein Motorrad wird per Lastwagen transportiert. Mein Flug ist für Samstag in Business Class gebucht, damit ich genug Platz für mein Bein habe. Auch der Transfer von Genf nach Bern ist organisiert.

 

Den Tag verbringe ich mit Musik hören und packe meine Motorradkleidung zusammen. Mustafa schaut regelmässig vorbei, fragt nach meinem Befinden. Ich gebe ihm die Schlüssel vom Motorrad und bitte ihn, ein paar persönliche Sachen zu holen.

 

Der Tag endet mit einer Mahlzeit, die mein „Intendant“ gebracht hat, und ich schlafe friedlich ein.


ree


 
 
 

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